Skip to Main Content

Metadaten – was Sie über den digitalen Fingerabdruck wissen sollten

Unter dem Deckmantel der Terrorabwehr überwacht der US-Geheimdienst seit Jahren Bürger aus  aller Welt. Jeder gilt als verdächtig. Doch nicht nur Agenten sind scharf auf sogenannte Meta- oder Verkehrsdaten, auch viele Unternehmen. Doch was können Geheimdienste und Firmen alles damit anstellen?

Es ist längst kein Geheimnis mehr: Geheimdienste wie die NSA sammeln großflächig Telefon-, E-Mail- und Internetdaten in oder aus Deutschland und in der ganzen Welt. Zudem haben US-Geheimdienste Zugriff auf die Netzwerke von Google, Facebook, Amazon und weiteren US-Unternehmen, die auch bei Millionen Deutschen beliebt sind. Seit einiger Zeit dürfen FBI-Ermittler jeden Computer auf der Welt hacken und durchsuchen (Rule 41). Ein Durchsuchungsbeschluss eines beliebigen Amtsrichters reicht. Unter Präsident Trump drohen weitere Vorstöße dieser Art. Schließlich stellte sich der designierte US-Präsident beim Konflikt zwischen FBI und Apple über die Entschlüsselung eines konfiszierten iPhones auf die Seite der Bundespolizei, die vehement den Zugang zu den Daten forderte. Edward Snowden sei zudem ein Verräter, der die Todesstrafe verdient hätte. Und die umfassende Erhebung und Speicherung von Metadaten durch die NSA begrüßte er ausdrücklich. Er forderte gar eine Verschärfung der entsprechenden Gesetze. Generell scheint für Trump die Kontrolle über das Internet eine wichtige Rolle zu spielen – bei Datenschützern sollten die Alarmglocken läuten.  Besonders gierig sind die US-Spitzel auf sogenannte Meta- oder Verkehrsdaten. Dabei handelt es sich nicht um konkrete Inhalte, sondern vielmehr um Informationen, die Rückschlüsse auf ein bestimmtes Verhalten zulassen. Einige Beispiele:

  • Wer mit wem wann wie lange telefoniert hat
  • Wie häufig Kommunikation zwischen bestimmten Personen stattfindet
  • Welche Internetseiten eine Person besucht hat

Darum sind Geheimdienste so scharf auf Metadaten

Metadaten sind bei Geheimdiensten deswegen so beliebt,  weil sie sich leicht maschinell auswerten und analysieren lassen. Aus diesen Untersuchungen lassen sich erstaunlich viele und detaillierte Informationen ziehen. Denn auch ohne konkrete Inhalte verraten Metadaten einiges. Wer kommuniziert mit verdächtigen Personen und wie häufig? Eine Studie der Universität Stanford zeigte: Allein durch die Auswertung von Metadaten waren die Forscher über bestimmte Krankheiten und den Drogenkonsum freiwilliger Probanden im Bilde. Dazu kommt: Jeder Internet-Nutzer lässt sich mit ausgeklügelten Algorithmen leicht identifizieren und bestimmten Metadaten zuordnen. Doch was ist darin so schlimm, wenn die NSA weiß mit wem wir telefonieren, mailen und wohin wir gehen? Was ist etwa dabei, wenn ein Agent in Fort Meade weiß, dass Herr Meier aus Buxtehude gestern kurz mit Mutti geschnackt habe?  Der prominente Tech-Blogger Sascha Lobo erklärt es unlängst in einem Stern-Interview: „Nur anhand dieser Metadaten kann man herausfinden, ob eine Person am nächsten Tag Grippe bekommen wird, noch bevor sie es selbst weiß. Man schaut sich das Handy an. Man schaut sich die Bewegungsmuster an. Und mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit kann man herausfinden, ob diese Person sich deshalb weniger bewegt, weil sie am nächsten Tag krank wird.“

Was ist mit Metadaten möglich?

Was sich mit Metadaten alles anstellen lässt, können Sie selbst testen: Etwa, wenn Sie ein Konto bei Googles E-Mail-Dienst Gmail, Yahoo oder Microsoft-Exchange haben. Forscher des Massachusetts Institute of Technology haben mit „Immersion“ ein Analyseprogramm geschaffen, das sämtliche Kontakte unter die Lupe nimmt: Wer hat mit wem zu tun, wer hat wem wann E-Mails geschickt, wer hat wem wen vorgestellt? Zum Ausprobieren bietet sich die Demo-Version an. Die NSA verfügt mit Sicherheit über mächtigere Analysewerkzeuge. Mit dessen Hilfe können Agenten einerseits über jede beliebige Person bei Bedarf in kurzer Zeit ein umfangreiches Dossier verfassen. Andererseits bietet sie ihnen die Möglichkeit, bisher unbeachtete Verdächtige zu enttarnen. Auffällig sind beispielsweise Gespräche über Waffen und Sprengstoff, eine entsprechende Google-Suche oder der Austausch von verschlüsselten Nachrichten. Im Prinzip stehen alle Menschen unter Generalverdacht, die nicht Bürger der „Five Eyes“ (USA, England, Australien, Neuseeland, Kanada) sind. Die werden fleißig verwanzt, abgehört und überwacht. „Man braucht den Heuhaufen, um darin die Nadel zu finden“, beschreibt NSA-Direktor Keith Alexander das Prinzip.

Wer hat mit wem zu tun und wo bestehen Verbindungen? Das E-Mail-Analyse-Tool Immersion zeigt es anschaulich.

Ist das nicht gut für unsere Sicherheit?

Ob Überwachung den Bürgern hilft oder die Freiheit gefährdet – darüber lässt sich vortrefflich streiten.

Pro: Die Geheimdienste prahlen immer wieder damit, dass es ihnen durch massive Überwachung bereits öfter gelungen ist, Terroranschläge zu vereiteln. Ob das stimmt? Schwer zu beweisen.

Contra: Kritiker befürchten, dass es durch die Fehlinterpretation von Daten zu bösen Fehlern wie irrtümlichen Verdächtigungen und Verhaftungen kommen kann. Sascha Lobo behauptet in diesem Zusammenhang, dass es bereits Listen mit Personen gäbe, die als potenzielle Terroristen gelten. Wer hier einen bestimmten Status erlange, dürfe nicht mehr fliegen oder bei bestimmten amerikanischen Firmen kein Kunde mehr werden.  Lobo berichtet überdies von einem Fall, bei dem ein Kunde bei einer Bank kein Konto eröffnen durfte. Der Grund: Der Vorname „Osama“. Ein Abgleich mit US-Listen hätte das Geschäft verhindert.