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Achtung: Kinder-Abzocke im App-Store

Kostenlose Spiele, das hört sich gut an. Doch viele Geschäftsmodelle der Spielbranche haben ihre Tücken – denn oft sind nur die Grundfunktionen gratis. Vor allem Kinder tappen oft in die Abzock-Falle.

Smartphones in Kinderhänden sind Segen und Teufelszeug zugleich. Zwar wissen die meisten, dass die Kleinen nicht zu viel Zeit mit Spielen und Filmchen glotzen verbringen sollten, allerdings üben die Geräte einfach eine magische Faszination auf Kinder aus, die in vielen Situationen einfach Gold wert ist. Etwa, um ein paar Dinge mal ungestört erledigen zu können. Die Kleinen vor den Bildschirm zu setzen mag zwar pädagogisch verwerflich sein, ist aber ungeheuer praktisch. Der Spaß hört aber spätestens auf, wenn auf einmal merkwürdige Positionen auf dem Kontoauszug auftauchen.

Free2Play statt Vollpreis

Schon seit einiger Zeit setzen die Spielefirmen auf das sogenannte „Freemium“ oder „Free2play“-Modell. Das Prinzip dahinter: Das Herunterladen der App sowie das Spielen ist kostenlos. Das hört sich eigentlich gut an, ist es aber nicht. Denn dabei handelt es sich lediglich um ein Lockmittel um fett abzukassieren. Den Free, also umsonst, ist im Prinzip nur die Installation. Wer im Spiel weiterkommen will, muss in der Regel tief in die Tasche greifen.

Gems für 100 Euro

Das Beispiel „Dungeon Keeper“ taugt hervorragend als Blaupause für diese fragwürdige Geschäftsmodell: Das Tutorial lässt sich noch flüssig durchspielen, dann geht es los: Ein Imp (Arbeiter) benötigt vier Stunden für die Beseitigung eines Mauerstücks. Es bleiben nur zwei Möglichkeiten: Warten oder zahlen. Denn man kann das Ganze durch den Kauf von Juwelen beschleunigen, dazu hält EA natürlich passende Pakete parat. Mal nachschauen: Als bestes Preis/Leistungsverhältnis bietet der Herstellerden Mountain of Gems, der 99,99 echte Steine (Euro) kostet. Wer nicht gleich 100 Euro für ein Smartphone-Spiel ausgeben will, könnte natürlich auch zu einem kleineren Paket greifen, etwa 500 Juwelen für 4,99 Euro. Mal kurz nachrechnen:  Damit ist es möglich, rund zehn Mal ein Mauerstück zu entfernen. Macht nach Adam Riese rund 50 Cent pro Aktion. Wahnsinn. EA argumentiert, man könne das Spiel auch ohne Zahlungen genießen. Klar, der Spieler kann auch gratis an Juwelen kommen, etwa durch „Erfolge“. Nur sind die schlechter bezahlt, als Paketboten bei Hermes. Für „Besetzt 2x Goldmine“ gibt es beispielsweise 5 Juwelen. Die Spiele-Hersteller setzen also darauf, dass Spieler, die schneller weiterkommen oder von anderen Vorteilen profitieren wollen, sich ab und zu kostenpflichtige Extras gönnen. Oft sind die Spiele aber so konzipiert, dass es ohne Zusatzinhalte überhaupt keinen Spaß macht.

Das beliebte Spiel „Fortnite“ generierte allein in den ersten 72 Stunden eine Million US-Dollar in Form von In-App-Einkäufen.

Wer zahlt, gewinnt

Insbesondere bei Mehrspieler-Titeln ist das Free2Play-Modell umstritten. Denn spätestens, wenn sich Kontrahenten für viel echtes Geld Gegenstände wie Waffen und Extras kaufen und sich so einen Vorteil verschaffen, hört für andere Spieler der Spaß auf. Die Rede ist in diesem Fall von „Pay2win“, also „zahlen, um zu gewinnen“. So verlässt nicht der bessere Spieler das virtuelle Schlachtfeld, sondern der mit der dickeren Brieftasche. Durch die mitunter absurden Preise ziehen die Hersteller so den Spielern oft mehr Geld aus der Tasche, als diese für eine Vollversion gezahlt hätten.  Mit einem Anteil von 97 Prozent ist das Free2play-Modell leider längst Standard in den Appstores von Apple und Google. Der Mobilegames-Umsatz lag 2017 bei fast einer halben Milliarde Euro, so die GFK. Derartige „Mikrotransaktionen“ sind für die meisten Spiele-Hersteller längst von größerer Umsatz-Bedeutung als Kauf-Videospiele – ein Segment, das im Gegensatz zu Free2Play seit Jahren stagniert.

Nur im Kleingedruckten steht, dass man für dieses Spiel sportliche 7,99 Euro pro Woche zahlen muss.

Wöchentliche Abo-Abzocke

Noch dreister gehen andere Spielfirmen vor, die sich mit ihren Titeln vorrangig an Kinder richten. Typische Beispiele sind Apps wie Bowmaster, Tomb of the Mask und Merge Plane. Wer hier bei der Installation nicht genau hinsieht, hat auf einmal ein 5 bis 8 Euro teures Abo an der Backe – wöchentlich zahlbar wohlgemerkt. In-App-Käufe sind natürlich ebenfalls möglich. „Oft ist den Verbrauchern gar nicht bewusst, dass sie etwas bezahlen, weil ihre Kreditkarte automatisch belastet wird. Kinder sind besonders anfällig für Spiele, die sie zwar kostenlos herunterladen, aber nicht kostenlos nutzen können”, kritisierte die Europäische Kommission bereits im Jahr 2014. Damit die App-Wirtschaft ihr Potential weiter voll ausschöpfen und innovativ sein könne, “müssen die Verbraucher Vertrauen in die Produkte haben.” Die geplanten strengeren Richtlinien, die unter anderem dazu dienen sollten, Kinder davor schütz sollten, echtes Geld für digitale Extras und andere Boni auszugeben, sind bis heute nicht in Kraft getreten. Aus diesem Grund müssen Eltern selbst zur Tat schreiten. Wie sich Smartphones kindersicher machen, erfahren Sie im kommenden zweiten Teil.